Ist Burnout eine Krankheit?

Von der englischen Sprache übersetzt heißt „burn-out" nichts anderes als „ausgebrannt“. Im früheren deutschen Sprachgebrauch bezeichnet „Burnout“ Erschöpfungszustände, Antriebslosigkeit, sowie Formen von körperlichem und psychischem Stress, der die Kräfte übersteigt und nicht mehr zulässt das Leben  „gesund“ zu meistern.

Nun ist dieser Begriff zu einem „Modewort“ unserer Zeit geworden. Und wenige wissen im Grunde was dieser Begriff wirklich bedeutet. Er wird schnell ausgesprochen, doch kaum verstanden. „Burnout“ ist in aller Munde, dennoch handelt es sich weder um eine Krankheit noch um eine genau definierbare Diagnose. Was also verbirgt sich hinter dem Syndrom, das offenbar so viele Menschen befällt?

Früher hieß es: „ich kann nicht mehr“, „mir wächst alles über die Ohren“, „ich habe keine Kraft mehr“. Das Wort „Burnout“ war vor 20 oder 30 Jahren nicht bekannt. Die Amerikaner und die Pharmaindustrie haben dieses Wort eingeführt. Genau wie plötzlich der Begriff ADHS oder BIPOLAR zum neudeutschen Wortschatz gehört. Es erzeugt dann auch neue Medikamente, die häufig der Pharmaindustrie mehr dienen als dem Menschen.

Dennoch muss ja irgendetwas dahinter verborgen sein. Ein Erschöpfungszustand, der meist arbeitsassoziiert entstanden ist. Gleichwohl könnte man von einer Überlappung von Burnout und Depressionen sprechen. "80 bis 85 Prozent der Menschen, die wir mit einem vermeintlichen Burnout sehen, leiden an der Vorstufe einer Depression“. (Zitat: Dr. Adli)

"Burnout ist ein ernstzunehmendes, relevantes Problem für die Arbeitswelt", sagt Gabriele Freude. Die promovierte Biologin leitet bei der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin die Arbeitsgruppe "Mentale Gesundheit und kognitive Leistungsfähigkeit". Unstrittig sei, dass das Phänomen einen engen Bezug zur Arbeitswelt habe - auch gehe ein hoher Anteil von Krankschreibungen auf die emotionale und oft auch körperliche Erschöpfung zurück. In unserer „Industriewelt“ kann einem „Burnout“ ein häufig sehr großes Engagement und mitunter übertriebener Ehrgeiz zugrunde liegen. „Die Menschen schwimmen gegen den Strom, kommen nicht weiter und stagnieren, bis zur körperlichen Erschöpfung“ kann man symbolisch sagen. Hinzu kommen vielfältige Ängste, wie zum Beispiel, die Angst den Arbeitsplatz zu verlieren oder nicht mehr gesellschaftsfähig zu sein und somit nicht mehr dazu zu gehören.

Michael Marwitz, promovierter Psychologe und Therapieleiter  der Schön Klinik Roseneck beschreibt den Burnout als "Ergebnis einer lang anhaltenden Überforderungssituation". Allerdings gebe es bislang mehr als 150 verschiedene körperliche Symptome, die mit Burnout in Zusammenhang gebracht werden – ein schwer einzugrenzendes Syndrom also.

"Burnout ist keine Diagnose, sondern ein Syndrom, unter dem sich viele unterschiedliche Dinge verbergen können."

Genau das mache eine Definition so schwierig.

Burnout ist ein schleichender Prozess, der nicht von heute auf morgen entsteht. "Die Burnout-Depression zieht sich eher über Jahre hin und wird oftmals nicht bemerkt", sagt der Berliner Mediziner Adli. "Man hat den Eindruck, dass man in seiner Leistungsfähigkeit nachlässt, leichter abgelenkt ist und sich nicht so schnell erholt." Doch statt sich Ruhe und eine Auszeit zu gönnen, "legen viele Menschen noch eins drauf, um den gleichen Output abliefern zu können."

Als erstes werden also die Erholungsressourcen beschnitten, die man hat, sagt Adli. "Man leidet ohnehin an Schlafstörungen, steht aber eine Stunde früher auf, um ins Büro zu gehen". Denn vielen Arbeitnehmern sei es immens wichtig, eine intakte Fassade möglichst lange aufrecht zu erhalten. Sie machten oft den Fehler, die Anzeichen herunterzuspielen, sagt Nadja Behling, Ärztin am Psychosomatischen Fachzentrum Falkenried in Hamburg.

"Viele reden die Symptome klein und denken: 'Das geht schon von selbst weg. Gerade hab ich zu viel zu tun, um mich darum zu kümmern.'" 

Gefährlich werde es, wenn dann ein zweiter Stressfaktor hinzukommt, etwa Konflikte mit dem Partner: "Bei einem Burnout kommen häufig Belastungsfaktoren aus zwei oder mehr Lebensbereichen zusammen. Das Haus brennt dann an zwei Ecken gleichzeitig." Gerade davor warnt auch Gabriele Freude. "Es trifft sehr häufig Menschen, die nicht in der Lage sind, selbst die Notbremse zu ziehen und die Symptome als das zu erkennen, was sie sind."

Denn offenbar gibt es tatsächlich Menschen, die anfälliger sind für den Burnout als andere: "Der Burnout trifft oft Menschen mit hohem Selbstanspruch und einer perfektionistischen Ader, die ihr Selbstbewusstsein über Erfolg im Job definieren", sagt Freude. Das Perfide am Burnout ist, dass er häufig Menschen mit Eigenschaften trifft, die einen guten Mitarbeiter auszeichnen - einen, der ehrgeizig ist und die Kontrolle haben möchte.

Allerdings sei es ein Vorurteil, dass der Burnout eine Manager-Krankheit sei. "Frauen sind häufiger betroffen - weil sie häufig mit Familie und Beruf mehrere Vollzeit-Jobs gleichzeitig machen" (*), sagt Freude. Auch Führungskräfte leiden häufig unter der Erschöpfungsdepression .  Zur Risikogruppe gehören zudem Vertreter der IT-Branche, die oft alleine und eigenbrötlerisch arbeiten müssen, sowie Selbstständige, die hohe Verantwortung und ein hohes Risiko tragen.

Erstmals beschrieben wurde das Phänomen vor etwa drei Jahrzehnten in sozialen Berufen: Krankenschwestern, Ärzten, Lehrern und Sozialarbeitern. "Das ist auch heute noch ein Bereich, in dem Burnout sehr häufig vorkommt", sagt Adli. Allerdings nicht nur: "Es trifft häufig Menschen, die in einem sehr hoch getakteten Berufsumfeld arbeiten." Auch Freude sagt, der Burnout sei schon lange nicht mehr nur ein Problem der helfenden Berufe. Tätigkeiten seien betroffen, in denen es eine hohe Arbeitsbelastung in Kombination mit einem hohen Anspruch an sich selbst gebe. Und: Bereiche, in denen häufige und starke Veränderungsprozesse auftreten, bergen ebenfalls große Gefahren.

Burnout als Vorstufe des Alkoholmissbrauchs

Und letztlich soll gesagt sein, dass Burnout und Depressionen nahezu immer die Vorstufen eines schweren Alkoholmissbrauchs sind, die bis zu einer chronischen Abhängigkeit führen. Ergo: Burnout, Depressionen und Alkoholismus gehen irgendwann (früher oder später - meist früher) Hand in Hand. Dann wird Alkoholismus zur tödlichen Krankheit.

Im Genesungszentrum Finca Esperanza® behandeln wir sowohl Burnout als auch Depressionen tiefenpsychologisch und verhaltenstherapeutisch, insbesondere um gerade einem schleichenden Alkoholismus vorzubeugen.

(*) Ein Zeichen dafür, dass mehr und mehr Frauen unter der Krankheit Alkoholismus leiden.