Alkoholische Getränke sind seit langer Zeit ein Bestandteil der Kulturgeschichte; auch heute trinken die meisten Menschen Alkohol und für sehr viele besteht darin kein Problem. Bei einigen Menschen ist allerdings nicht nur das Trinkverhalten exzessiv, sondern dies ist für sie selbst und für andere mit schwerwiegenden Konsequenzen verbunden Dies bedeutet, dass das Trinkverhalten von vergleichsweise wenigen Personen für eine große Menge damit verbundener Alkoholprobleme verantwortlich ist.

Was ist Alkohol?

Alkohol (Äthanol) ist eine psycho-aktive Droge; seine e Hauptwirkung betrifft die Funktion des Gehirns. Menschen können zwar in kurzer Zeit viel Alkohol trinken, die Umwandlung und Ausscheidung durch den Körper geschieht jedoch sehr langsam. Der unverarbeitete Alkohol verbleibt im Blutkreislauf und wird als Alkoholspiegel bezeichnet. Der Alkoholgehalt einzelner Getränke ist unterschiedlich: Ein Liter Wein enthält ungefähr so viel Alkohol wie drei Liter Bier oder wie fünf Gläser (ca. 4 cl) Schnaps, Cognac oder Whiskey.

Was bewirkt Alkohol?

Die Wirkung von Alkohol hängt von der konsumierten Menge, vom Zeitraum, von den Vorerfahrungen mit Alkohol und von den Trinkumständen ab (Stimmung, Anwesenheit anderer Personen). In geringen Mengen erfreuen sich viele Menschen am Genuss von Alkohol. Mit dem Anstieg des Blutalkohols kippt die Wirkung und beeinträchtigt die normalen Hirnfunktionen. Solche Effekte sind etwa eine veränderte und verwirrte Sprache oder Gedächtnislücken (so. „black outs“). Wiederholtes schweres Trinken über längere Zeit hinweg hat üblicherweise sehr schädliche Langzeitwirkungen.

Dies können leichtere körperliche Beschwerden wie Magenentzündungen bis hin zu schweren Gehirnschäden oder eine Leberzirrhose sein. Auf der psychischen und sozialen Ebene ist eine Verschlechterung der Arbeitsleistung, eine Beeinträchtigung der sozialen und familiären Beziehung bis hin zum Arbeitsplatzverlust und Arbeitslosigkeit bzw. Scheidung und Gewalt in der Familie anzuführen. Das Risiko ernsthafter Erkrankungen nimmt noch zu, wenn das Trinken mit dem Zigarettenrauchen kombiniert auftritt.

Alkoholtoleranz (Verträglichkeit) und Alkoholabhängigkeit:

Dies sind zwei spezielle Merkmale, die den Alkoholismus prägen. Toleranz meint, dass Personen im Verlaufe des Trinkens immer größere Mengen an Alkohol benötigen, um dieselben Effekte zu erzielen. Menschen mit erhöhter Alkoholtoleranz können trotz hohen Alkoholkonsums kaum beobachtbare Merkmale einer Alkoholvergiftung aufweisen. Schwere Gewohnheitstrinker können leichte Merkmale einer körperlichen bzw. psychischen Abhängigkeit entwickeln. Psychische Abhängigkeit meint ein zwanghaftes Bedürfnis nach Alkohol (Denken an Alkohol). Psychische Abhängigkeit ist von körperlicher Abhängigkeit zu trennen, beide Formen treten aber zumeist gemeinsam auf. Körperliche Abhängigkeit meint die Gewöhnung des Körpers an Alkohol. Der Verzicht auf Alkohol bewirkt in diesem Stadium das sogenannte Alkohol – Entzugs – Syndrom (Halluzinationen, Zittern, Anfälle, Alkohol – Delir).

Risikofaktoren und exzessives Trinken:

Gibt es eine genetische Veranlagung? Es gibt gewisse Hinweise für eine genetische Grundlage bzw. Anfälligkeit für Alkoholprobleme; es ist allerdings unklar, was man genau als angeboren bezeichnen kann. Klar scheint, dass Männer, deren Väter Alkoholiker waren, ein erhöhtes Risiko aufweisen, selbst Alkoholprobleme zu entwickeln; dies gilt im besonderen Maße, wenn dieses Muster bereits über Generationen hinweg vorliegt. Einschränkend muss man allerdings anführen, dass diese Personen nur einen geringen Teil aller Menschen mit Alkoholproblemen ausmachen. Die meisten Alkoholiker besitzen keine familiären Vorläufer mit Alkoholproblemen, so dass die Umgebung wohl einen großen Anteil an der Entwicklung von Alkoholismus ausmacht. Die verschiedenen Befunde zeigen recht deutlich, dass Alkoholismus weder rein biologisch noch rein durch die Umgebung verursacht wird; man spricht deshalb von einem „bio-psycho-sozialen-Modell“. Zusammengefasst heißt dies, dass einige Personen zwar ein erhöhtes Risiko aufweisen, dass allerdings jeder Mensch im Prinzip für Alkoholprobleme anfällig ist.

Führt Alkoholmissbrauch zu einer ständigen Verschlimmerung?

Nach heutigem Wissensstand kann man sagen, dass der Trinkverlauf von Alkoholikern unterschiedliche Phasen aufweist; Episoden von massivem Trinken wechseln sich mit Phasen der Abstinenz oder des geringen Alkoholkonsums ab. Nur eine geringe Zahl von Personen zeigt Merkmale ständiger chronischer Verschlechterung dieses Zustandes.

Warum trinken Menschen trotz schwerer Langzeitkomplikationen?

Dafür gibt es unterschiedliche Gründe: Lange Zeit ging man davon aus, dass problematisches Trinkverhalten in erster Linie eine Reaktion auf negative emotionale Zustände (z.B. Angst, Depression), auf persönliche Probleme oder sozialen Druck darstellt. Die neuere Forschung zeigt, dass Menschen auch dann trinken, wenn sie in guter Stimmung sind – offenbar, um sich noch besser zu fühlen. Unabhängig davon, ob Menschen negative Gefühle zu bewältigen versuchen oder ob sie ihre positive Stimmung noch verbessern wollen: die positive Wirkung des Alkohols ist sehr kurzfristig und dies beeinflusst das Verhalten (bei 2 Liter Bier gerate mal 1 Stunde) bedeutend stärker als die negativen Effekte. Dieser kurzfristige Belohnungseffekt scheint einer der wichtigsten Gründe für übermäßiges Trinken zu sein; für diesen Effekt nehmen Menschen offenbar langfristige negative Folgen in Kauf.

Was kann man tun?

Zur Behandlung von Alkoholmissbrauch gibt es ganz unterschiedliche Ansätze: Medikamente gegen Alkoholkonsum, Einzel- und Gruppentherapie, Anonyme Alkoholiker, Verhaltenstherapie, usw. Alle Behandlungsstrategien zeigen nur begrenzt en Erfolg. Erschwerend kommt hinzu, dass sogar das Behandlungsziel sehr umstritten ist. Früher galt totale Abstinenz als das einzige Ziel; inbden letzten Jahren zeigt sich, dass eine Verringerung des Alkoholkonsums bereits ein wichtiges Ziel der Behandlung sein kann. Dies gilt insbesondere für Personen, deren Probleme nicht allzu schwerwiegend sind. Es gibt auch zahlreiche Hinweise, dass eine Reihe von Alkoholikern eine Verbesserung auch ohne Therapie erreichen. Die verhaltenstheoretische Forschung der letzten 20 Jahre hat zu einer deutlichen Verbesserung der Situation beigetragen (insbesondere im Bereich der diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen). Am Beginn verhaltenstherapeutischer Behandlungsmaßnahmen steht eine detaillierte Erfassung des Trinkverhaltens (Anamnese) und der damit zusammenhängenden Bedingungen einer Person. Diese Informationen bilden eine Grundlage für einen individualisierten Behandlungsplan, um positive Veränderungen im Problemverhalten und der damit verbundenen Verhaltensmuster zu erreichen.

Allgemeine Prinzipien der Behandlung sollten sein:

  • Individualisierung, d.h. Berücksichtigung der Bedingungen des einzelnen Patienten;
  • Möglichkeit sparsame Eingriffe in das Leben einer Person
  • Berücksichtigung motivationaler Bedingungen, die eine Veränderung begünstigen;
  • Spezielle Planung von Rückfallsprävention, weil Rückfälle auch nach einer erfolgreichen Behandlung sehr häufig möglich sind.

Verhaltenstherapeutische Behandlungen berücksichtigen den Schweregrad eines Alkoholproblems in differentieller Weise: Für deutlich abhängige Patienten ist in der Regel eine stationäre Behandlung angezeigt. Bei Problemtrinkern, die zahlenmäßig einen Großteil der Alkoholiker ausmachen, erweist sich eher eine ambulante Therapie als sinnvoll.

Wie lange dauert die Behandlung?

Die Dauer der Behandlung hängt vom Bedürfnis der Person ab – für einige wenige können dies nur einige wenige Sitzungen sein; für andere bedeutet Therapie einen intensiven und langfristigen Prozess. Als generelle Empfehlung sollte die Behandlung mit minimalen Strategien einsetzen, die für anstehende Probleme geeignet sind; bei Bedarf kann auf zusätzliche Behandlungsmethoden zurückgegriffen werden. Als ein zentrales Problem der Behandlung von Patienten mit Alkoholproblemen muss die Motivation erwähnt werden: Viele Patienten kommen auf Druck des Arbeitgebers, des Gerichtes oder des Partners zur Therapie und sie sehen selbst keine Notwendigkeit einer Veränderung. Der erste Schritt in einen verhaltenstherapeutischen Behandlungsansatz muss deshalb auf die Klärung und den Aufbau einer Bereitschaft des Patienten zu einer konkreten Änderung gerichtet sein.

Grundsätzlich jedoch gilt es als Mythos dass ein Alkoholiker eine „Langzeittherapie“ machen sollte. Denn es geht nicht um die Länge der Therapie, sondern um deren Intensität und Qualität (Zitat: John Schwarzlose, CEO des Betty Ford Centers, USA). Wenn 4 Wochen als ausreichend gelten, dann wegen der Intensität und Qualität und vor allem um die Frage: „was tut der Alkoholiker nachseiner Therapie“. Hier liegt in der Tat die Genesung.